Innerhalb von fünf Wochen muss entschieden werden
01.05.2013 - STEINBACH
Vortrag zu Änderungen bei Pflegeversicherung – Angehörige können Arbeitszeit reduzieren
(elo). Mit einem derart großen Andrang hatte Ewald Schlosser nicht gerechnet. Der Vorsitzende des Fördervereins Diakoniestation Fernwald-Pohlheim begrüßte im evangelischen Gemeindezentrum Steinbach knapp 50 Interessierte zu einem Vortrag, der sich den Leistungen der Pflegeversicherung und dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz widmete, das Anfang 2013 in Kraft trat. Referentin war Christa Christ. Die seit 24 Jahren in Steinbach lebende Diplom-Sozialpädagogin arbeitet als Beraterin im Pflegestützpunkt des Landkreises Gießen.
Christ, die zuvor bei der BeKo (Beratungs- und Koordinationsstelle für ältere und pflegebedürftige Menschen in Stadt und Landkreis Gießen) beschäftigt war, stellte zunächst das Angebot beider Einrichtungen vor. So beraten sowohl BeKo als auch Pflegestützpunkt, die im Übrigen eng zusammenarbeiten, rund um Pflege und Versorgung. Darin enthalten sind neben den Bereichen ambulante und stationäre Dienste, seniorengerechtes Wohnen, Entlastung für Angehörige und Vorsorge auch die Leistungen von Kranken- und Pflegeversicherungen.
Das Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vom Antrag über die Begutachtung bis zum endgültigen Bescheid müsse innerhalb von fünf Wochen abgeschlossen sein. Die Angst vor langwierigen bürokratischen Abläufen sei somit unbegründet. Ist der Pflegebedarf einmal festgestellt, kann je nach Bedarf Hilfe bei Körperpflege, Ernährung, Mobilität und hauswirtschaftlicher Versorgung beansprucht werden. Bei Pflegestufe I umfasst die Grundpflege 45 Minuten täglich, bei Pflegestufe II sind es zwei, bei Pflegestufe III vier Sunden am Tag.
Ebenfalls neu ist, dass die Pflegeversicherung bei einer Demenzerkrankung bereits bei Pflegestufe Null Geld zahlt. Die Leistungen der Versicherung beinhalten neben dem Pflegegeld auch Sachleistungen, Tages-, Verhinderungs- und Kurzzeitpflege, die Übernahme von Pflegeheimkosten, Hilfsmitteln, Wohnungsumbau und Umzugskosten, Hausnotruf, Sozialversicherung für Pflegepersonal und Kurse für pflegende Angehörige. Je nach Bedarf können die verschiedenen Module miteinander kombiniert und entsprechend gewichtet werden. Bei der richtigen Auswahl hilft im Einzelfall der Pflegestützpunkt. Bei Pflegestufe III zahle die Versicherung bis zu 1550 Euro pro Monat für ein Pflegeheim. Laut Christ muss in etwa der gleiche Betrag aus eigener Tasche gezahlt werden, sodass Betroffene in der Folge häufig vom Sozialamt abhängig würden.
Das neue Gesetz lasse des Weiteren die freie Wahl zwischen Grundpflege, hauswirtschaftlicher Versorgung und Betreuung, wovon vor allem Demenzkranke profitierten. So könne sich das Pflegepersonal auch einmal Zeit für Kommunikation, soziale Kontakte und Beschäftigung nehmen. Damit hängt auch die alternative Vergütungsregelung zusammen, der zufolge nicht nur einzelne Leistungen dazugebucht werden können, sondern auch die Vergütung nach Zeit ermöglicht wird. Daneben stärke das neue Gesetz die Rechte pflegender Angehöriger und unterstütze neue Wohn- und Betreuungsformen wie Senioren-WGs.
Christ stellte anschließend Möglichkeiten für pflegende Berufstätige vor, die von der kurzfristigen Freistellung bis zum Familienpflegezeitgesetz reichen, das eine Arbeitszeitreduzierung von bis zu zwei Jahren ermöglicht. Nach wie vor bleibe die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Pflege aber ein schwieriges Thema, fasste die Referentin zusammen. Zu privaten Pflegeversicherungen gab sie zu bedenken, dass viele Versicherungen häufig erst ab Pflegestufe drei zahlten. Zudem reichen auch diese Leistungen meist nicht aus, um ein Pflegeheim zu finanzieren.
Abschließend wies Christ darauf hin, dass die Beratung im Pflegestützpunkt kostenfrei sei; auch Hausbesuche seien möglich.
Quelle: http://www.giessener-anzeiger.de/lokales/kreis-giessen/fernwald/13050205.htm